30. Juli bis 2. August 2014, Lobetal bei Berlin
Auch im Jahr 2014 lud die Vereinigung für ökologische Wirtschaftsforschung (VÖW) gemeinsam mit dem netzwerk n zu einer Sommerakademie nach Berlin ein. Nach den erfolgreichen Veranstaltungen der letzten Jahre wurden dieses Mal Strategien für die Verankerung neuer Konzepte (z.B. degrowth) in Wissenschaft und Lehre gesucht. Die Erfahrungen der Nachhaltigkeitsbewegung bieteten dabei ein hervorragendes Fallbeispiel für die Gestaltungsmöglichkeiten von Studierendeninitiativen.
Die Ergebnisse der Sommerakademie sind im September in die Diskussionen auf der internationalen Degrowth Konferenz in Leipzig eingeflossen.






(Wirtschafts-) Wissenschaft braucht alternative Konzepte: vom Mainstream zu Pluralismus, vom Wachstumszwang zu degrowth?
Trotz multipler Krisen – Finanzkrise, ökologische Grenzen, zunehmende soziale Ungleichheit – bleibt der Beitrag der Wissenschaft zur Lösung dieser Probleme zu oft eindimensional und in bekannten Erklärungsmustern gefangen. Insbesondere die Wirtschaftswissenschaften bieten kaum Konzepte, die Herausforderungen unserer Zeit neu zu rahmen und wissenschaftlich zu bearbeiten. Im Gegenteil, oftmals werden krisenfördernde Prozesse und Faktoren immer noch ausgeblendet oder durch Fortführung der klassischen Strategien sogar verstärkt. Trotz des Scheiterns vieler etablierter Theorien finden heterodoxe und plurale wirtschaftswissenschaftliche Inhalte und Konzepte wenig Platz in und an den Hochschulen. Das kritische Hinterfragen neoklassischer Annahmen – wie beispielsweise zur Tragfähigkeit und Notwendigkeit von dauerhaftem Wirtschaftswachstum – findet im Feuilleton statt, nicht an den Wirtschaftsfakultäten.
Wie können Studierendeninitiativen neue Konzepte und deren Verbreitung fordern? Fallbeispiel Nachhaltigkeit:
Viele Studiengänge und Forschungsprojekte beschäftigen sich mittlerweile mit “Nachhaltigkeit”, ökologische und auch soziale Fragen sind zumindest dem Namen nach in Forschung und Lehre angekommen. Das war nicht immer so: über viele Jahrzehnte haben sich Wissenschaftler_innen, Zivilgesellschaft und besonders auch Studierendeninitiativen, oft gegen Widerstand, für mehr Nachhaltigkeit an Universitäten eingesetzt. Dabei wurde nicht nur eine Verstetigung in Form von Lehrveranstaltungen und Forschungsschwerpunkten gefordert, sondern es wurden auch eigene unabhängige Angebote – wie Lesekreise, Seminare und Konferenzen – entwickelt. Die Institutionalisierung von Nachhaltigkeit in Wissenschaft und Lehre hat zwar noch nicht den notwendigen Umfang erreicht, Fortschritte sind jedoch sichtbar. So werden vielerorts studentisch initiierte („bottom-up“-) Projekte vorangetrieben, interner Wandel setzt sich aber auch durch das Engagement zahlreicher Hochschulleitungen und Lehrender („top-down“) durch.
Spreading Degrowth: Was kann von der Nachhaltigkeitsbewegung auf alternative ökonomische Konzepte übertragen werden?
Rund um die heterogene Postwachstumsbewegung, plurale wirtschaftswissenschaftliche Ansätze und die Suche nach inter- und transdisziplinären Methoden anwendungsorientierter Forschung haben sich in den letzten Jahren zahlreiche Studierendeninitiativen gegründet. Sie versuchen gleichfalls, alternative Konzepte in und an den Universitäten zu verankern, parallel zu eigenständigen Entwicklungen an einzelnen Universitäten und Forschungseinrichtungen (z.B. NaWis – Netzwerk Nachhaltige Wissenschaft und Ecornet – Ecological Research Network). Diese Entwicklung ist nicht nur inhaltlich eng mit dem Thema Nachhaltigkeit verbunden, sie trifft auch auf ähnliche inhaltliche Vorbehalte und strukturelle Herausforderungen. Entsprechend wird vermutet, dass viele der Strategien, mit denen das Thema Nachhaltigkeit in Wissenschaft und Lehre Verbreitung fand, ebenfalls auf Postwachstum, degrowth oder andere Bereiche einer problemorientierten transdisziplinären Wissenschaft angewendet werden können.
Format:
Auf der Sommerakademie wechselten sich unterschiedliche Impulse mit intensiver Gruppenarbeit ab. (Nachhaltigkeits-) Initiativen stellten ihre Strategien und deren Wirkung, Expert:innen einen konzeptionellen Rahmen für einen Wandel an Hochschulen vor. Aufgabe der Teilnehmer:innen war es, Erfolgskonzepte systematisch zu erfassen und auf ihre Übertragbarkeit für das Thema degrowth zu prüfen. Die Ergebnisse wurden auf einer öffentlichen Abschlussveranstaltung der Akademie sowie auf der internationalen Degrowth Konferenz 2014 vorgestellt.
Programm und Referent:innen:
Eine anregende Mischung von Referent:innen aus institutionalisierten Formen alternativer Wissenschaft (NaWis, Ecornet) und vielen nicht-institutionalisierten Formen (meist studentische Initiativen) wurde angefragt. Die Sommerakademie wurde von einem abwechslungsreichen Rahmenprogramm begleitet, welches viel Raum und Zeit bietete, mit Referent:innen und Teilnehmer:innen ins Gespräch zu kommen.
Teilnahme und Bewerbung:
Die interdisziplinäre Akademie war offen für Studierende, Absolvent:innen und Doktorand:innen aller Fachrichtungen. Voraussetzung war ein gewisses Grundwissen und Interesse an alternativen Ansätzen im Bereich degrowth.
Dauer:
Die Akademie begann am Mittwoch, den 30.07.2014, um 16.00 Uhr und endete am Samstag, den 02.08.2014. Am Samstagabend klang die Akademie informell aus.
Ort:
Lobetal bei Berlin
Veranstalter:
Vereinigung für ökologische Wirtschaftsforschung (VÖW), netzwerk n.
Kooperationspartner:
Degrowth Konferenz 2014, leipzig.degrowth.org
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, www.ioew.de
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, www.wupperinst.org
Nachhaltigkeitsökonomie e.V. www.nachhaltigkeitsoekonomie.org